Der Rosenkranz in unserer Zeit

Die katholische Kirche ist nicht nur eine Glaubensgemeinschaft, sondern auch eine Gebetsgemeinschaft. Nicht nur die streitende Kirche hier auf Erden bildet im Gebet und im Lob Gottes eine lebendige Gemeinschaft, wir alle sind im Gebet auch mit der leidenden Kirche (den Seelen im Fegfeuer) und mit der triumphierenden Kirche (den Heiligen im Himmel) eng verbunden.
Das Gebet richtet sich an Gott, unmittelbar im Sinn der Anbetung, des Lobes, des Dankes, der Bitte oder der Sühne, oder mittelbar im Sinne der Fürbitte bei Gott an Maria oder an die Engel und Heiligen.
Das Beten der Kirche erschließt sich uns wie ein unerschöpflicher Schatz, wenn wir uns durch eigenes Mittun in die Wahrheiten des katholischen Glaubens und Lebens versenken und uns so gleichzeitig im Gebet mit Christus selbst verbinden! Neben dem liturgischen Beten bildet vor allem das Rosenkranzgebet eine Kette, welche die Gläubigen aller Stände und Generationen und vieler Nationen und Zeitalter zu einer großen Gebetsgemeinschaft vereinigt. Im Rosenkranz begegnet uns nicht nur Christus und mit Ihm der Vater und der Heilige Geist, sondern auch Maria, die für uns eintritt! Wenn das Stunden- und Psalmengebet weitgehend den gottgeweihten Ständen dient, um den Tagesablauf Gott aufzuopfern, zu weihen und zu heiligen, so kann der Rosenkranz leicht allen Ständen der Kirche dienen, um das eigene Leben und die Stunden des Tages in Betrachtung und in Gemeinschaft mit dem Leben Jesu und Mariens zu heiligen.
Alle wichtigen Gebete eines Christen sind in diesem einen Gebet vereinigt, das Glaubensbekenntnis, die Verherrlichung der Allerheiligsten Dreieinigkeit (Ehre sei dem Vater …), das Gebet, das uns Jesus gelehrt hat (das Vaterunser) und die Anrufungen Mariens, die uns der Erzengel Gabriel und Elisabeth vorgebetet haben. Niemand kann also sagen, das Rosenkranzgebet sei eine religiöse oder gar unbiblische Sonderform, nein, es ist organisch aus dem Glauben der Heiligen Schrift und der Kirche entnommen. Auch hier zeigt sich, dass nicht die Protestanten, welche in der Regel diese Anrufungen Mariens verweigern, sondern die katholische Kirche in Wahrheit die biblischen Schätze hochhält, versteht und austeilt!
Kein Wunder, dass dieses große Gebet in den Nöten der Kirche bei den Gläubigen eine immer höhere Wertschätzung erfahren hat. Und das, obgleich es von anderen auch immer häufiger und vehementer als eintönig, unzeitgemäß oder gar als abergläubisch bekämpft und verleumdet wurde – etwas, was nur behauptet werden kann, wenn man es gedankenlos oder ohne wahre religiöse Gesinnung verrichtet!
Die Kirche kennt ein eigenes Rosenkranzfest am 7. Oktober, zum Andenken an die große Hilfe, die durch dieses Gebet dem christlichen Volk schon so oft in großer geistlicher Not und Lebensgefahr zuteil wurde, wie bei der Schlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571, als die Gefahr einer Islamisierung großer Teile des Abendlandes trotz großer Drangsal endlich weitgehend gebannt werden konnte.
Gerade heute, da es für viele wegen des verbreiteten liturgischen Chaos beinahe unmöglich geworden ist, regelmäßig an einer Liturgie, die noch in Treue zur Überlieferung der Kirche gefeiert wird, teilzunehmen, erscheint der Rosenkranz wie ein Rettungsseil, das uns nicht versinken und verlorengehen lässt, weil es uns mit Mariens Hilfe in der Verbundenheit mit Christus und mit der Kirche aller Zeiten und Orte aufrecht hält.
Ist dies vielleicht auch der Grund, warum Maria selbst bei bekannten und kirchlich anerkannten Erscheinungen wie etwa in Fatima 1917 immer wieder zum fleißigen Beten des Rosenkranzes aufgefordert hat? Sie ist damals vom Marienmonat Mai bis zum Rosenkranzmonat Oktober monatlich den drei Seherkindern erschienen und hat sich am 13. Oktober selbst als die Rosenkranzkönigin geoffenbart. Als solche bat sie vor allem um das Gebet für die Bekehrung der Sünder.
Wenn sie darum gebeten hat, bei jedem Gesätzchen das Gebet „O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Menschen in den Himmel …“ hinten anzufügen, so ist dies sicher keine Vorstufe zur Irrlehre der Allerlösung, wie manche Kritiker neuerdings meinen, sondern einfach Ausdruck unser aller Mission und Verantwortung auch für alle unsere Mitmenschen, die wir nur durch die Hilfe Gottes und in der Hingabe an Seine weise Vorsehung erfüllen können, in Treue zur Liebe dessen, der „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1Tim 2,4)! Wenn es Gottes Wille ist, dann muss es auch unser Anliegen sein, in all unserem Mühen und vor allem im Gebet!
Der Rosenkranz ist ein Gebet, das uns mit dem Leben Christi und Mariens verbindet und unser Leben so dem ihrigen immer mehr gleichförmig zu machen hilft. Das Rosenkranzgebet wird so auch zu einem wertvollen Werkzeug der Umkehr und ein Anteilnehmen am Sühneleben Jesu Christi. Durch Mariens Hilfe erlangen wir somit die Kraft und den Mut, mit Jesus für die Rettung der Seelen zu opfern und zu beten.
Dies ist letztlich das Ziel und der Sinn unseres ganzen Lebens, und in diesem Bemühen bekommt das Rosenkranzgebet sogar eine politische, ja weltverändernde Dimension, wie es Maria in Fatima auch angedeutet hat. Denn dort, wo sich Menschen bekehren, ändern sich auch die Lebensbedingungen der Völker. Alles wird vom Segen Gottes erfüllt und getragen. So sagt Maria zu Lucia von Fatima - und zwar bevor in Russland die Oktoberrevolution und damit der Sieg des atheistischen Kommunismus, der schließlich die ganze Welt zu erobern trachtete, noch gar nicht stattgefunden hatte: „Wenn man tut, was ich sage, wird Frieden sein. Wenn nicht, wird Russland seine Irrtümer in der ganzen Welt verbreiten“. Und schließlich hat sie als Hoffnungsstern für ihre Kinder gegen alle scheinbar hoffnungslosen Entwicklungen - und in Voraussicht der Bemühungen von unzähligen Menschen um die Bekehrung der Sünder - auch noch verheißen: „Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren!“
Exakt der 22. August 1991, nach der überlieferten Liturgie das Fest des Unbefleckten Herzens Mariens, gilt als das Datum der Abschaffung der sowjetischen Flagge, des Austritts des Präsidenten aus der KPdSU, damit des Endes der Herrschaft der kommunistischen Partei und des faktischen Endes der bisherigen Sowjetunion (welches dann am 25. Dezember desselben Jahres auch vertraglich besiegelt wurde), nachdem am 19. August (Datum der Erscheinung im August 1917, nachdem die Seherkinder vom Bezirksvorsteher am 13. August gehindert worden waren, zum Erscheinungsort zu gehen) der letzte Putschversuch der Kommunisten in Russland gestartet, aber wenige Tage später niedergeschlagen worden war!
Freilich, auch wenn es rückblickend fast unglaublich klingt, dass inzwischen in Russland sogar ein offizieller Gedenktag (28. Juli) an die Bekehrung des Landes zum Christentum vor mehr als tausend Jahren (988) eingeführt wurde, so ist Russland natürlich dadurch allein noch nicht bekehrt, was Maria bei Erfüllung ihrer Bitten aber verheißen hat. Liegt es daran, dass trotz des Gebetes von Millionen Menschen bisher noch kein Papst die von Maria erbetene offizielle Weihe Russlands zusammen mit den Bischöfen des Erdkreises vollzogen hat?
Trotzdem: Am 27. Juni 1989, dem Fest von der immerwährenden Hilfe Mariens, wurde der Stacheldraht des Todesstreifens, der den Ostblock von den Ländern des Westens abriegelte, symbolisch von den Österreichischen und Ungarischen Außenministern gemeinsam durchtrennt, am 19. August 1989, dem Erscheinungstag von Fatima, konnten die ersten 900 DDR-Bürger von Ungarn nach Österreich über eine kleine Öffnung der Grenze fliehen, was praktisch den Zerfall des ganzen sogenannten Eisernen Vorhangs und auch den Fall der Mauer in Deutschland auslöste (deren Bau am 13. August 1961 – auch ein Fatima-Datum - begonnen worden war).
Manch weltgeschichtlich bedeutsame Veränderungen lassen rückblickend an Mariens Worte an die Kinder von Fatima denken. Ein wichtiger Schritt zum Abbau der Gefahr eines weltweiten Atomkrieges wurde am 8. Dezember 1987 getan, am Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens, als endlich der entscheidende Vertrag zur Vernichtung der atomaren Mittelstreckenraketen in Ost und West geschlossen werden konnte. Wieder am Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, am 8. Dezember 1989, fand der entscheidende Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei in der DDR statt, der den Umbau der Partei und letztlich deren Ende einleitete.
Nach dem 2. Weltkrieg war Österreich das einzige Land, aus dem die kommunistische Sowjetunion seine Truppen wieder vollständig abgezogen hat. Bedeutende österreichische Politiker bis hinauf zum Bundeskanzler beteten damals mit großen Teilen der Bevölkerung den Rosenkranz in diesem Anliegen der Befreiung, die dann auch im Rosenkranz-Monat 1955 erreicht wurde. Auch in Deutschland war es viele Jahre später (1990) der Rosenkranzmonat, der die endgültige Überwindung der durch Russland bedingten Teilung gebracht hat.
Die Bitten Mariens in Fatima waren jedoch überhaupt nicht politisch, sondern es ging um die Gefahr für die Seelen (die sich heute allerdings oft noch mehr zeigt). Maria bat um Gebet und Opfer für die Bekehrung der Sünder, vor allem um das tägliche Rosenkranzgebet. Je mehr Menschen für das Gute und die Bekehrung der von Gott erschaffenen Seelen weltweit beten, desto mehr kann auch Gott selbst Seinen Segen über die Welt ausgießen.
Wir sehen, dass Russland sich noch nicht bekehrt hat, dass sich seine Irrtümer, der Atheismus, die Abtreibung, der Materialismus usw. sich immer weiter auf der ganzen Welt verbreitet haben. Ja, dass sich der Abfall vom Glauben mitten unter denen vollzieht, die sich als Glieder der Kirche oder gar als ihre Hirten ausgeben. Die Botschaft, für die Bekehrung der Menschen und die Rettung der Seelen zu beten, gehört also nicht der Vergangenheit an, auch wenn man es in Bezug auf Fatima von höchsten „kirchlichen“ Stellen so darzustellen versucht hat. Wir alle wissen, dass die größte Not heute die Not der Kirche ist, da die Christenheit selbst in Gefahr steht, den wahren Glauben, die christliche Hoffnung und die göttliche Liebe aus den Augen und damit auch aus den Herzen zu verlieren. Die eigentliche Not heute ist die kirchliche Not, die auch eine große Gefährdung der Seelen weltweit bedeutet. Mehr denn je müssen wir heute im Rosenkranz beten und dadurch Gottes Gnade durch Mariens Fürbitte erflehen! Dass der überlieferte Glaube mit der überlieferten Liturgie heute aus den Kirchen vertrieben worden ist und die Gläubigen aus den Kirchen ausziehen mussten und müssen, erscheint wie ein Sieg des Bösen, dem die Gläubigen scheinbar kaum etwas entgegensetzen können. Aber dort, wo der Mensch selbst nichts mehr tun kann, erkennt er umso besser, welche Bedeutung das Gebet für unser Leben und für das Leben der ganzen Welt besitzt!
Sollen wir nun, wie es seit Assisi 1986 betrieben wird, die Heiden aufrufen, auch zu ihren Götzen zu beten, damit sich die Lage der Welt und der Seelen zum Besseren wende?
Nie hat die Kirche solches getan, nie hat sie dazu aufgerufen, Kulthandlungen falschen Göttern zu Ehren – und gar noch in einstmals katholischen Kirchen! - zu verrichten, wie es in Assisi im Oktober 1986 leider geschehen ist und was Benedikt XVI. nun am 27. Oktober 2011 in einer Art Jubiläumsfeier ins Gedächtnis zurückrufen und feiern will. Wie wollten wir andere dazu ermuntern, falsche Götter zu beschwören oder ihnen zu Ehren Kulte zu vollziehen, wenn die Liebe Gottes doch selbst erschienen ist, um uns von aller Finsternis solcher unsinnigen Beschwörungen zu befreien, um dem wahren Gott in wahrer Liebe zu dienen! Wenn wir die Finsternis all der heidnischen Kulte aufmerksam betrachten, können wir die Nichtchristen nur immer wieder dazu ermuntern, sich selbst der Liebe und dem Gebet zum wahren Gott zu öffnen! Wenn wir merken, dass andere diesen wahren Gott noch nicht kennen, können und dürfen wir sie dann in der Finsternis der heidnischen Realität einfach belassen? Sehen wir nicht, wie hohl und finster das Leben ohne das Licht der Wahrheit, das aus Gott kommt, letztlich ist? Wie schrecklich tot und sklavisch letztlich jeder Kult ohne die Liebe Christi und ohne das Licht des Heiligen Geistes bleibt! Wie könnten wir diesen Schatz, der uns geschenkt ist, vor anderen verbergen, indem wir sie zum „Gebet“ zu falschen Götzen und zu unsinnigen Riten ermuntern?
Könnten wir dies als Jünger Christi wirklich tun? Die wahren Jünger Jesu und die Diener Mariens, Seiner Mutter, werden nicht im „interreligiösen Gebet“, sondern in dem, von der Kirche so oft empfohlenen Rosenkranz das entscheidende Hilfsmittel zum Heil und zum wahren Frieden sehen, das hilft, dass die wahre Liebe zu Gott und zum Menschen vertieft gelebt wird, dass Jesus Christus immer mehr geliebt und Seine heilige Mutter immer mehr verehrt und angerufen werden. Sie werden sich gerade in der heutigen Situation angetrieben fühlen, nicht vor falschen Göttern das Knie beugen zu lassen, sondern sie werden sich vor Gott selbst auf die Knie werfen und sich immer mehr vom Licht Christi erleuchten lassen, was im Rosenkranzgebet auch täglich geschieht! Sie werden das Heil für die Menschheit in Christus, dem König, verkünden und suchen, und nicht in der sogenannten „interreligiösen“ Anrufung von vielen verschiedenen „Göttern“!
Der Rosenkranzmonat soll in diesem Sinn für uns alle ein Aufruf zur Entscheidung sein, uns gerade im Anliegen der Not der Kirche heute vertrauensvoll in Gebet und Opfern für die Überwindung der antichristlichen Verfälschung des Glaubens an Jesus zu wenden, durch Maria, seine Mutter, im hochheiligen Rosenkranz, den sie uns selbst an die Hand gibt im Kampf für den Sieg Christi, des Königs aller Könige, den wir jährlich am letzten Sonntag im Oktober feiern und der allein uns das Heil und wahren Frieden schenken kann!

Thomas Ehrenberger

 

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